Bedingungsloses Grundeinkommen

Fortsetzung der Diskussion von Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 30.Dezember 2015:

Jetzt ist es topic!

Ich verstehe das mit dem Grundeinkommen nicht. Die Idee schon, aber wenn ich allen Menschen ein Grundeinkommen geben, dann würde das für mich eher eine inflationäre Spirale bewirken.

Und ich finde es demotivierend. (Klar, ist HartzIV natürlich auch)

Für mich ist das ein Wahnsinn. Ein Grundeinkommen, ohne etwas dafür tun zu müssen? Diese gewaltigen Investitionen würde ich persönlich viel lieber in Schulen, KiTas und der Infrastruktur sehen.

Ob durch Umverteilung (höhere Abgabenbelastung für “Reiche”) sogar Geld für beides da wäre, kann ich nicht beurteilen.

Ich könnte mir vorstellen, dass mit diesem Grundeinkommen sehr viel bürokratischer Overhead wegfällt. Bei den “Reichen” würde das Grundeinkommen im Rahmen der Steuererklärung “aufgesaugt” (Grundfreibetrag fällt weg)

Subjektiv denke ich, es ist der falsche Anreiz, aber deshalb ja gerade die Diskussion hier.

Wie verstehst Du denn die Idee?

Mein Verständnis von der Idee Grundeinkommen ist, dass es eben nix mehr mit Anreizen (oder Spirale) zu tun hat. Existenzsicherung ist vielleicht passender für das Verständnis. Mensch braucht sich dann eben keine existenziellen Ängsten mehr aussetzten oder besser gesagt ausliefern, die lähmen. Alles was über die bloße Existenz hinaus geht, das verdient man sich dazu. Oder eben nicht, wenn man mit der bloßen Existenz schon zufrieden ist (das wären aus gewisser Perspektive dann die “Sozialschmarotzer”…). In meinen Augen liegt der Idee ein fundamental humanistisches Bild des Menschen.

Eine Spirale kann ich da nicht erkennen. Höchstens eine “Anhebung der Nullebene” (niedrigstes Vermögen ist dann nicht kein Geld sondern X Geld). Eine Frage, die sich mir stellt, ist z.B. ob diese Anhebung durch z.B. Preisverfall wieder wettgemacht würde. Dazu verstehe ich aber zu wenig davon. Oder ist das die Spirale, die Du meinst? In meiner (romantischen?) Vorstellung bekämen dann Dinge wieder wert, die man physisch nicht endlos produzieren kann, Handgemachtes, was mit Qualität (ja, schließt sich bei maschinell Produziertem nicht zwingend aus, aber ist doch recht selten). Das basiert aber auf “Wissen meiner Bauchpedia” – also Intuition :smile:, keinem Faktenwissen.

Und eine weitere Unklarheit, die ich habe, bezieht sich auf vermeintliche Finanzierbarkeit. Es gibt einige, die behaupten, es wäre alles schon finanziert über die MwSt. Ich frage mich aber, ob der Konsum gleich bleiben würde und ohne bzw. bei vermindertem Konsum hat die MwSt. ja einen verminderten Hebel. Ich zumindest würde mich deutlich auf konsumreduziernde Aktivitäten (Subsistenz) konzentrieren. Mehr, als ich derzeit in der Lage bin, weil Zeit flöten geht für’s Anschaffen (Lohnarbeit).

Mit Spirale meine ich: Nicht nur die Bedürftigen bekommen das Grundeinkommen, sondern alle, somit haben alle X EUR mehr zur Verfügung. Im Ergebnis haben wir also einfach nur eine Vermehrung der Geldmenge. Im Ergebnis werden wir daher nur eine Inflation bekommen, weil die Menschen mit Grundeinkommen und Arbeitseinkommen eher bereit sein werden, für die gleiche Gegenleistung mehr zu bezahlen.

Das wird zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass Menschen mit Grundeinkommen ihren Lebensunterhalt nicht von diesem Grundeinkommen bestreiten können. Es wird besser sein als nichts, aber immer unter “erträglich” bleiben.

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bedingungsloses Grundeinkommen könnte man ja evtl auch so verstehen, dass es für reiche Leute in irgendwelchen Steuerklauseln verrechnet wird oder so, so dass sie effektiv nichts ausgezahlt kriegen würden.

(btw hat das irgendein Staat schonmal irgendwann ausprobiert, gibt es da überhaupt von irgendwem Erfahrungswerte?)
Meine Prognose hierzu:
Im ersten Moment würde bedingungsloses Grundeinkommen keine große Inflation, dafür aber einen riesen Wirtschaftsboom auslösen. Denn das ist ja soweit Fakt, dass reiche Leute meist auf ihrem Geld und Ersparnissen sitzen bleiben, während arme Menschen zusätzliches Geld sofort wieder reinvestieren. Das würde also in erster Linie dazu führen, dass wahnsinnig viel Geld wieder in den Wirtschaftskreislauf gespült wird - Geld das jetzt auch schon da ist, aber eben bei irgendwelchen Superreichen nicht teil des Kreislaufes ist.

Entweder man will dies dann auch bedingungslos und dann auch für alle - egal ob arm oder reich! - Und bei bestimmten Ansätzen, wie z.B. von Herrn Götz Werner, gibt´s dann auch keine anderen Steuern mehr, so dass selbst die o.g. Verrechungsidee nicht funzt.

M.E. nach ist das bedingungsloses Grundeinkommen die aktuell charmanteste Idee, die Zukunft aller Menschen in einem Staat zu gestalten: Es findet immer mehr Rationaliserung und Mechanisiereung statt, so dass es in immer mehr Berufsfeldern weniger menschliche Arbeit benötigt wird. Das deutsche Hartz IV-Diskriminierungs-System kann die Masse an “Nichtgebrauchten Menschen” langfristig nicht menschenwürdig versorgen, da es ja auf der falschen Annahme basiert, dass die sogn. “Vollbeschäftigung” möglich ist. - Diese wird es nicht geben.
Also brauchen wir ein Instrument, dass die menschenwürdige Versorgung aller Bürger gewährleistet - m.E. das BGE!

Damit werden mittel- bis langfristig auch Problem wie die sogenannte Rentenlücke, in der staatlichen Rente, gelöst - denn die staatliche Rente kann langfristig abgeschafft werden bzw. umgewandet werden, in ein staatlich kontrolliertes Zusatzrentensystem - eine Mindestrente wird na auch nicht mehr benötigt.

Ich kenne eigentlich nur den Werner-Ansatz ganz gut: Dort wird davin ausgegangen, dass wir das System BGE über eine gestaffelte MwSt. fianzieren: Dabei gibt´s einen Mindestsatz, der für Mittel des täglichen Bedarfs gilt, einen erhöhten und einen Luxus-Steuersatz (rund 80-90% Steuren), der z.B. auf Luxusautos, Champagner, etc. anfällt. Laut Werner wurde dieser Ansatz auch schon in einen Simulation durchgerechnet und hat zu positiven Ergebnissen geführt.

Ich kann jedem raten, mal das ein oder andere Buch vom DM-Gründer zu lesen:
https://www.fairmondo.de/articles/gotz-w-werner-einkommen-fur-alle-taschenbuch-ean-9783404606078-ecobookstore
https://www.fairmondo.de/articles/gotz-w-werner-1-000-euro-fur-jeden-taschenbuch-ean-9783548374215-ecobookstore

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Zur Frage ob das schon wo ausprobiert wurde / wird:
http://piratenbochum.de/wp-content/uploads/2016/02/BGE-Präsentation.pdf

ja, aber sie hätten effektiv mehr Geld. Das ist alles, was zahlt (Mir ist egal, ob Du mir 3000 EUR überweist und ich dir 5000 EUR oder ob wir es saldieren und ich überweise einmalig 2000 EUR)

[quote=“Mona, post:6, topic:1336”]
Im ersten Moment würde bedingungsloses Grundeinkommen keine große Inflation, dafür aber einen riesen Wirtschaftsboom auslösen.
[/quote] Definiere “ersten Moment”.

[quote=“Mona, post:6, topic:1336”]
Das würde also in erster Linie dazu führen, dass wahnsinnig viel Geld wieder in den Wirtschaftskreislauf gespült
[/quote] Was m.E. zu einer Inflation/Preisspirale führen würde.

[quote=“Mona, post:6, topic:1336”]
Geld das jetzt auch schon da ist, aber eben bei irgendwelchen Superreichen
[/quote] Du redest von einer Umverteilung "Super"Reich zu Arm, das erreicht man mit einem BGE aber nicht. Da bekommen nur alle mehr.

Das passiert aber nur, wenn es lediglich eine Geldausschüttung ohne flankierende Maßnahmen gibt: Wenn allerdings zu selben Zeitpunkt die gestaffelte MwSt. kommt, die bestimmte Preise auch enorm steigen lassen, sollte dein avisierter Inflationseffekt ausfallen.

Wenn ich dich richtig verstehe, sollen für "Luxus-"güter eine erhöhte Umsatzsteuer anfallen und für Dinge des Grundbedarfs nicht.

Dann hättest Du die Inflation halt nur in den Dingen des Grundbedarfs. Dort ist mehr Geld da und dieses wird nicht durch eine Steuer “vernichtet”. Gesamt betrachtet hätte man zwar wenig oder keinen Inflationseffekt. Aber der Zielgruppe des BGE würde dies wenig nutzen, da sie ja keine Luxusgüter einkauft.

Welche Zielgruppe? Entweder BGE oder nicht! Da gibt´s keine Zielgruppe, weil ja alle das BGE bekommen würden.

Weiterhin ist das BGE ja lediglich dazu gedacht, dass jeder problem- und zwanglos leben kann und nicht wie jetzt einem Hartz-IV/Du musst jeden Job annahmen-Diktat ausgesetzt ist.

Das BGE soll Unterkunft, Ernährung, medizinische Versorgung und kultureller Teilhabe abdecken, damit man als Mensch problemlos leben kann.
Urlaube, Autos und andere Güter, die nicht überlebensnotwendig sind, müssen/sollen nicht durch das BGE abgedeckt werden. Für die dafür notwendigen finanziellen Mittel soll/kann dann jeder selber eine Erwerbstätigkeit aufnehmen und sich das zum BGE hinzuverdienen.

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Die Zielgruppe, die ohne BGE/Hartz IV eben nicht problemlos leben könnte. Für die anderen müsste man das BGE nicht einführen.

M.E. würde das nur gelten, wenn der Konsum gleich bleibt. Ich zumindest würde definitiv weniger Zeit mit Lohnarbeit/ Lebensunterhaltsbestreiten “verplempern” und diese dafür nutzen um mir selbst Grundbedarf zu “veredeln”, sprich mehr Gartenarbeit, Bienen halten, Dinge einmachen, aber auch Klamotten pflicken, die ich dann weniger häufig ersetzten muss, evtl. gar Klamotten bedingt selbst erstellen, Möbel selbst erstellen, … alles Dinge, bei denen mein Konsum abebbt bzw. stark vermindert sein würde.

Dem liegt natürlich auch eine wenig verbreitete Lebenseinstellung zu Grunde, dass ich glaube ich tendenziell eher mit wenig (materiellem) zufrieden bin.

Außerdem sehe ich nicht, dass es eine Steigerung der Geldmenge wäre; ich verstehe das als Umverteilung dessen, was schon da ist (im Bundeshaushalt); sprich die Steuern werden nur anders ausgegeben (z.B. statt Renten, Harz V, etc. eben einheitlich BGE).

Auf’s BGE gemünzt also: BGE -> mehr Zeit für Subsistenz -> weniger quantitativer Konsum zu Gunsten von Qualitätskonsum (langlebige, eher teurere Produkte, d.h. m.E. auch keine Verringerung der Produktion, sondern eine Änderung), verlangsamte Umlaufgeschwindigkeit des Geldes -> Preisniveau gleichbleibend oder gar steigend. Mir ist klar, dass ich hier von mir auf andere schließe :wink:

Schwierig bei der Unterscheidung der MwSt-Kategorien finde ich: Wer definiert denn, was Luxus ist und was Grundbedarf ist? Wir haben ja jetzt schon Unterschiede, die wenig nachvollziehbar sind (Lebensmittel, wenn sie vom Dienstleister kommen, 19%, sonst ab Hof 7%, Bier in Bayern, etc.). Klar, kann man ändern, aber meine Frage ist, woran macht man die unterschiedlichen Prozenten dann fest und wer garantiert, dass das nicht zu Gunsten von Lobbygruppen geht?

Vermutlich zählt Bildung auch dazu?!?

Das unterstütze ich ausdrücklich!

Auf Renten und Hartz IV etc. haben aber weniger Leute Anspruch, als die, die Anspruch auf BGE hätten. Daraus folgere ich, dass die Geldmenge steigen muss.

Damit bist Du aber eine Ausnahme. Die meisten können und wollen das nicht. Wenn dein Lebenstil vielen Menschen offenstehen würde, dann kämen die mit Hartz IV jetzt schon “recht gut” klar.

Keiner, siehe Hotelbranche mit 7%. Die UST-Sätze sind historisch gewachsen, aber nicht mehr aktuell: Hummer 7%, Sprudelwasser 19%, Hundenahrung 19%, Rennpferde 7%, Babywindeln 19% usw. Irgendwann wird es immer Ansichstsache. Daher würde ich mir da keine große Hoffnung machen. GGfs. kann man ja einen Warenkorb ermitteln.

die mehrausgaben an der einen stelle sind evtl gedeckt durch einparungen auf der anderen seite. würde ne menge arbeitslose in der öfftl. verwaltung geben. müssten ja nirgendwo mehr anträge bearbeitet werden.

irgendein bundesamt hat das doch durchgerechnet. ein bge wäre ohne mehrausgaben finanzierbar.

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Das würde mich konkreter interessieren. Ich muss gestehen, dass generell die Rechenbeispiele und Versuche gerade um das BGE immer sehr geschönt sind.

Wenn ich z.B. jemandem, der ohnehin motiviert ist, für 1 Jahr ein BGE gebe, kann ich daraus keine Rückschlüsse auf die generelle Wirkung des BGE ziehen. Denn derjenige war ohnehin motiviert und weiß, dass nach einem Jahr das BGE wieder wegfällt.

Von einem Bundesamt weiss ich nichts, mehrere Stiftungen haben ihr jeweiliges Modell durchgerechnet und haben dann meistens die Finanzierbarkeit dafür erklärt. Zumindest die Konrad Adenauer Stiftung und die Stiftung von Götz W. Werner haben da etwas umfangreicheres Material zu veröffentlicht. Die Piraten haben ihre Berechnungen hier veröffentlicht: https://sozialpiraten.piratenpartei.de/2016/01/07/sozialstaat-3-0-versionsstand-1-4-2/
Am nächsten dran ist da wohl die Expertenkommission in den USA, die das dem Präsidenten Johnson empfohlen hat und für finanzierbar erklärt hat (siehe dazu die Kommentare in der oben verlinkten Präsentation)

Hier in der Diskussion wird allgemein über das BGE besprochen was die Diskussion schon mal schwierig macht, vor allem wenn es um das Thema Finanzierbarkeit geht. Je nachdem ob man über ein Festbetragsmodell wie von Götz W. Werner oder ein Negatives Einkommenssteuermodell spricht unterscheidet sich das eklatant. Von diversen Mischformen wie dem Bürgergeld gar nicht zu sprechen. Und dann gibt es Festbetragsmodelle die über eine Reichensteuer erhoben werden sollen oder wie bei Götz W. Werner ein völlig neues Steuersystem einführen sollen, sowie NIT Modelle, bei denen sich ausser einer verpflichtenden Steuererklärung kaum etwas andern dürfte.
Kurzum: erst einmal Modell auswählen, dann kann man die Finanzierbarkeit diskutieren.

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Die Berechnung der Piraten geht von einigen nicht nachvollziehbaren Angaben aus (z.B. Körperschaftssteuer) und finanziert das BGE, indem es die Last auf die Mittelschicht abwälzt. Damit wird m.E. die Barriere zwischen Arm und Reich sogar noch verstärkt (wobei ich einige Ansätze (nicht das BGE betreffend) als sehr reizvoll ansehe).

Ich finde die Idee höchst spannend.
Was ich mich aber immer frage: Wenn das BGE (Festbetragsmodell) käme,
was wäre dann mit den richtig fiesen Jobs?
Wie würde man dann Leute dafür motivieren?
Mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen, reicht das?